Die Bewegungen sehen anmutig und kraftvoll aus. Trainer Zacherl. Der Junge habe bereits fünf Prüfungen gemacht und werde bald bei den Älteren mittrainieren. Karate heißt wörtlich übersetzt „leere Hand“. Beim Erlernen der japanischen Kampfsportart geht es um Koordination, Konzentration und Geschicklichkeit, aber auch um Respekt im Umgang mit den Trainingspartnern. Der Lehrer macht die Angriffs- und Abwehrstellungen vor, die Kinder ahmen ihn nach. Zacherl. Er besitzt eine ruhige Autorität, ermutigend, freundlich, präzise. Jan. Er mag den Kampfsport, nicht nur als Gegendienst zum Klavierspielen, was anfangs die Idee seiner Eltern war. Jan, dessen biologischer vater Japaner ist, genießt bei seinen Schulkameraden Respekt. Vielleicht habe der Sport zu seiner Haltung und Ausstrahlung beigetragen, vermutet seine Mutter. Der Junge wirkt zielbewusst und entspannt. Karate gilt als cool und als lässig, und Jan zeigt dem einen oder anderen unregelmäßig eine neue Angriffsstellung. Jan besucht Turniere und lernt auch die japanischen Fachbezeichnungen per exemplum Kumite, was so viel heißt wie Partnertraining.
Karate als sehr harte Kampsotart
Das erfordert schnelle Reaktionen und ist etwas später schweißtreibend. Heiß wird es auch, weil sich unterm Headset die Luft staut. Nach einer halben Stunde steht mir Schweiß auf der Stirn. Zudem ist das Headset vorderlastig, die Stützpolster drücken auf meine Wangen. Wenn ich lächeln will, hält das Polster dagegen. Andererseits: Warum an der Zeit sein beim Kampf gegen die gefährlichsten Fieslinge des Universums lächeln? Von Level zu Level verhalten sich die Gegner geschickter. Bald huschen sie an mir vorbei, attackieren mich von der Seite. Jetzt macht sich das beschränkte Sichtfeld des Headsets bemerkbar. Es lässt sich am liebsten dabei einer Taucherbrille vergleichen. Um meine Umgebung zu erfassen, muss ich häufig den Kopf wenden. Zum Verschnaufen kann man eine Partie „Holoschach“ spielen oder sich im Modus „Strategischer Kampf“ entspannen, der an Tower-Defense-Spiele erinnert. Das stärkste AR-Erlebnis bietet aber eindeutig der Kampf hierbei Lichtschwert. Nach einer knappen Stunde ist mir das Headset ist zu warm und zu schwer geworden, ich beende meine Lektion in der Kampfkunst der Jedi. Für ein entspannteres Spielerlebnis muss die technische Umsetzung noch verbessert werden.
Karate oder Kuckboxen
Nachdem Sven Ottke 2004 als ungeschlagener Weltmeister zurückgetreten war, hatte Sauerland einen gut dotierten Fernsehvertrag, aber keine guten Boxer, mit denen er die zehn Übertragungstermine Zeitangabe füllen konnte. Abzüglich gut ausgebildeten Nachwuchses bediente sich Sauerland mehrerer Jungs, die man flüstert sich zu irgendwann nur mit einer Plastiktüte voller Trainingsklamotten bei ihm im Gym standen und sich als Sparringspartner anboten, um sich für größere Aufgaben zu qualifizieren. Arthur Abraham gehörte ebenso zur „Generation Plastiktüte“ Plus Huck, der in jungen Jahren mit seiner Familie vor den ethnischen Säuberungen in der bosnisch-serbischen Grenzregion Sandzak nach Deutschland geflohen war. Huck brachte aus dem Taekwondo und Kickboxen erste Kampfsporterfahrung mit, unter Wegners Führung gelang es ihm, besser geht es nicht aus seinem Talent drin. Und Sauerland sorgte durch geschickte Gegnerauswahl und boxpolitische Finesse dafür, dass aus dem Flüchtling ein Weltmeister wurde. Wegner. Er formuliert die Wahrheit übers Box-Business so geschickt, dass er damit weder seine Schützlinge noch seinen langjährigen Geschäftspartner Sauerland diskreditiert. Huck konnte sich nur deswegen so lange vorn des Cruisergewichts halten, weil Sauerland ihm gefährliche Konkurrenten wie den Polen Krzysztof Wlodarczyk oder den Russen Rakhim Chakhkiev durch Lobbyarbeit bei den Verbänden vom Leib hielt. Andere boxerisch stärkere Cruisergewichtler wie Yoan Pablo Hernández und Mateusz Masternak nahm Sauerland selber unter Vertrag, sodass er entscheiden konnte, gegen wen sie boxen und gegen wen eben nicht. Das System funktionierte, solange Sauerland durch den TV-Vertrag eine der ARD finanziell unabhängig war. Als die Zusammenarbeit damit öffentlich-rechtlichen Sender endete, verließ Huck seinen ehemaligen Promoter. Dabei wurde ihm zum Verhängnis, dass er wirklich glaubte, neben anderen der besten Boxer der Welt blockiert, nachdem ihm Sauerland und Wegner das mehrjährig eingetrichtert hatten. In der Selbstständigkeit hoffte er, noch mehr Geld zu verdienen, weil er die Einnahmen nimmer mit Promoter Sauerland teilen musste. Er verlor drei von fünf Kämpfen unter eigener Regie, weil er sich gegen Gegner in den Ring traute, die zu stark für ihn waren. Abraham machte eine ähnliche Erfahrung, als er als ungeschlagener Weltmeister und selbsternannter Favorit ins „Super-Six“-Turnier startete und dort drei von vier Kämpfen verlor. Die „Generation Plastiktüte“ war gut genug, ums deutsche Boxen über mehrere Jahre zu dominieren. Für die wirkliche Weltspitze reichte ihre Qualität nicht.
Taznen un Musik als Alternative zum Kampfsport
Weltstadt/Hamburg – Die HipHopper vom Wu-Tang-Clan haben angekündigt, ihr nächstes Album nur einer Mal verkäuflich. Das berichtet das US-amerikanische Wirtschaftsmagazin „Forbes“. Der Plan folgt allerdings keiner Selbstbescheidung, wir haben vielmehr eine Art Kunstprojekt der US-amerikanischen HipHop-Stars. Clan-Rapper RZA nämlich möglichst teuer an einen gut betuchten Sammler veräußert werden – und gleichzeitig auf den Wertverlust von Popmusik hinweisen. Es soll laut Wu-Tang Clan kein durchschnittliches Album werden, sondern ein kunstvoll gestaltetes Werk, was seine Erscheinung angeht. Der Schöpfer der Verpackung ist der britisch-marokkanische Künstler Yahya, der auf Befehl der Musiker das Originalstück Hand in Hand gehen dreimonatigen Arbeitsprozess fertigte. Wer das Werk erwerbe, der besitze damit etwas so Kostbares wie das Zepter eines ägyptischen Königs, so RZA. Was nach einem Werbegag klingt, scheint auf der Seite des der Musiker gut durchdacht: Seine Aura soll das Werk auch dadurch bekommen, dass es zunächst auf tour geht. Es soll in Museen, Galerien und auf Festivals Spuren hinterlassen haben. Und zu hören: Wer Eintritt bezahlt – und sich vor dem Einlass filzen lässt, damit kein Ton oder Bild Raus dringt -, der darf das Kunstwerk anschauen und auf Kopfhörern rezipieren. 31 Songs, 128 Minuten. Nach der Tour erwarten sich die Musiker laut „Forbes“-Interview einen Kaufpreis „in den Millionen“. Sorgen wegen einer möglichen Blamage machen sie sich durchaus: Die Aktion könnte „total floppen und uns Hohn und Spott über sich ergehen lassen müssen“, sagt Band-Mitglied Cilvaringz. Es gehe ihnen auch darum, die Idee Musikalbum vor dem Tod zu retten. Musik werde immer mehr „entwertet bis fast zu dem Punkt, dass sie kostenlos abgegeben wird“. Das nächste reguläre Album soll auf herkömmliche Weise im sommer veröffentlicht werden, pünktlich zum 20. Geburtstag des Kollektivs.
Bei Amazon bestellen. Bei Thalia bestellen. Eine Parodie. Die kleine Gertrude wird über kurz oder lang ins Feenland gesaugt, das man aber verlassen kann, wenn man den Schlüssel findet. Das dauert angeblich nur einer oder zwei Tage. 27 Jahre später sitzt Gertrude immer restlich, sieht nach wie vor aus wie mit zehn und tötet reihenweise Zwerge und Elfen mit Äxten, Kanonen, allem. Dazwischen gibt es Namenswitze und sarkastische Bemerkungen. Die Optik erinnert ans, was Karikaturzeichner in Urlaubsorten anbieten. Und genauso wirkt der Inhalt: Sieht erst lustig aus, verbraucht sich aber schon nach zwei Seiten, weil „I hate Fairyland“ keinerlei Dynamik hat. Da eskaliert nichts, der Klamaukregler ist stets sofort alles ausgereizt haben. Wie ein Feuerwerk nur aus Kanonenschlägen: Irgendwann ist man taub. Kann am Alter liegen: Ich mochte früher „Clever & Smart“, auch da war das Thema egal, entscheidend war die Variation. Aber „Clever & Smart“ waren irgendwann durch, in Opposition zu, sagen wir, „Laurel & Hardy“. Weil die Gags aufbauen und das Tempo wechseln können. Warum wurde es bisher nicht besprochen? Weil ich’s nicht kannte. Bei der Gelegenheit: „Clever & Smart“ werden ab Januar 2018 bei Carlsen neu aufgelegt. Bei Amazon bestellen. Bei Thalia bestellen.